Borken. In mehreren Städten im Münsterland haben Islamisten erneut kostenlose Koran-Ausgaben verteilt. Die umstrittenen Aktionen der sogenannten Salafisten fanden jedoch an weniger Orten statt als im Internet angekündigt. So haben Islamisten ihre kostenlosen Korane am Wochenende in Münster und Greven verteilt.
Die Salafisten, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden, wollen ihre Aktionen auch weiter fortsetzen. Ihr Ziel: Bundesweit sollen rund 25 Millionen Korane an sogenannte Ungläubige verteilt werden.
Politiker und Sicherheitsbehörden befürchten, dass die Fundamentalisten die Aktion für extremistische Zwecke missbrauchen könnten. Nach Einschätzung der Berliner Verfassungsschutzchefin Schmid geht es der Salafisten-Gruppe um Propaganda und die Rekrutierung von Anhängern.
Die Anhänger des münsterischen Vereins "Muslime aktiv", die zu einer Gruppe der radikal-islamistischen Salafisten gehören, haben am Freitag und Samstag kostenlose Koran-Ausgaben in Münster verteilt.
Hinter der Aktion steckt der radikale Prediger Abu Nagie aus Bonn. Der Name der dahinterstehenden Salafisten solle aber nicht auftauchen, sagt Abu Nagie in seiner Internet-Botschaft. Für den Staatsschutz ist diese Verschleierung reine Taktik: Die Salafisten wollten "salonfähig" werden», heißt es. Und auch Landesinnenminister Ralf Jäger redet Klartext: Nach außen hin zeigten sich die Salafisten friedlich und tolerant, tatsächlich seien sie "geistige Brandstifter", die versuchten, junge, labile Männer zum Islam zu konvertieren und zu fanatisieren. Verboten sind die salafistischen Gruppierungen allerdings nicht. So hat der Verein "Muslime aktiv" eine offizielle Genehmigung der Stadt Münster für den Werbestand in der Innenstadt. Die Gruppe ist nicht verboten. Deshalb gibt es keine Handhabe, die Aktionen in Münster zu stoppen, so Horst Werner Koch vom Ordnungsamt Münster.
Islamforscher wie der Osnabrücker Religionsprofessor Rauf Ceylan sprechen von einer Werbekampagne der Fundamentalisten. Vor ihnen müsse man warnen, aber nicht vor dem Koran. Die Bundesregierung hatte gestern darauf hingewiesen, dass die Religionsfreiheit das Verteilen der Koranschriften deckt. Allerdings beobachte der Verfassungsschutz die Salafisten schon seit längerem und prüfe, ob sie zu Gewalt aufrufen.
Den ideologischen Salafismus stuft der Verfassungsschutz als verfassungsfeindlich ein. Etwa 4000 Salafisten gibt es in Deutschland. Sie alle haben immer wieder die gleiche Botschaft: Nur der Islam zählt. Die Ungläubigenhaben sich gegen die Muslime verschworen, Allah werde sie besiegen. Sie fordern die Einführung der Scharia, wollen den Glauben der Kopten bezwingen und stellen sich gegen die Frauen. Unterdrückung, sexuelle Übergriffe und Hass sind wieder Realität. Sie ist die am schnellsten wachsende islamistische Strömung. Religionsfreiheit gilt in unserer Demokratie jedoch für jeden. "Auch verfassungsfeindliche Organisationen können sich öffentlich präsentieren", sagt Mathilde Koller vom Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen. "Ganz einfach gesprochen: Extremismus ist nicht verboten in der Bundesrepublik Deutschland." Der Staat will mit politischer Überzeugungskraft die Extremisten zur Einsicht bringen. Fakt ist, dass der Frankfurter Flughafen-Attentäter vor der Ermordung von zwei US-Soldaten mit Salafisten in Kontakt stand - so wie alle, die zuletzt von hier aus in den Heiligen Krieg gezogen sind.
2006 schließen sich die Salafisten der El Kaida an.
Die Ulmer Druckerei Ebner & Spiegel hat die Produktion der Gratis-Korane, die bundesweit von Islamisten verteilt werden gestoppt. "Wir werden die Auslieferung stoppen und juristisch prüfen, welche Folgen sich daraus ergeben", sagte der Sprecher am 11. April 2012.
Ansgar Neumann und Thomas Neutzler Ans