Was geht ab, Schlampe?

Borken. Problemschule auf der Bühne. Tag für Tag ist sie den Respektlosigkeiten und Demütigungen ihrer Schüler ausgesetzt. Als ihr der Revolver eines Schülers in die Hände fällt, wird sie unversehens selbst zur Geiselnehmerin der Klasse. Auf Einladung der Kulturgemeinde wurde das Stück «Verrücktes Blut» in der Stadthalle aufgeführt. Die Zuschauer waren begeistert.

Nurkan Erpulat und Jens Hillje schrieben "Verrücktes Blut" als Antwort auf die Integrations-Debatte. Das Autoren-Duo verlegt die Problematik in ein Klassenzimmer mit türkischen, arabischen und deutschen Jugendlichen, zwei Mädchen und fünf Jungen. Das Stück basiert auf dem französischen Film "La journée de la jupe", ein Reißer, der 2009 mit Isabelle Adjani in der Hauptrolle herauskam.

Die Lehrerin Sonia Kelich versucht, ihnen Friedrich Schillers "Räuber" zu vermitteln. Doch die Schüler boykottieren den Unterricht mit aggressiven und sexistischen Sprüchen. Als einem Jungen eine Pistole aus der Tasche fällt, schnappt sich die Lehrerin die Waffe, zielt auf die Schüler und zwingt sie, Schillers Drama "Die Räuber" zu spielen.

In der Inzenierung von Tina Geißinger, müssen sich alle der Lehrerin stellen: ob Kopftuchdebatte, der erniedrigenden Sprachdressur, sogar der Frage, ob Mohammed ein Kinderschänder war. Die Schüler reagieren verwirrt, verstört, rebellisch, erstaunt - und es ist wunderbar, dieses Ensemble aus Schauspielprofis und Amateuren zu erleben, denn an Präsenz steht keine und keiner dem andern nach. Kelich, dargestellt von Karolina Thorwarth, spielt dabei auf der ganzen Klaviatur ihres schauspielerischen Könnens: mal die Leidensfähige in Tränen aufgelöst, dann die coole Rotzfreche, die sich dem Jargon ihrer Schüler anpasst. Dabei wird die Spannung hoch gehalten, denn nur wer die Schusswaffe in der Hand hält, hat das Sagen und die Personen wechseln.

Verrücktes Blut ist eine tiefgründige Gesellschaftskomödie über den Zusammenprall der Kulturen voll bissiger Pointen und unerwarteter Wendungen. Ein hochbrisantes Theaterstück mit einem sehr guten Essemble. "Standing Ovations" in Borken.